Die Wasserversorgung Bayerischer Wald ist mit einer Verbandsgröße von 8080 km² einer der größten Fernwasserversorger Süddeutschlands. Der Betrieb der großflächigen Infrastruktur aus Brunnen, Aufbereitungsanlagen und Verteilungsnetzen benötigt Energie – viel Energie. Im Mittel bezieht der Wasserversorger ca. 6.500 MWh Strom pro Jahr. Die Übertragung des Trinkwassers aus den Höhen des Bayerischen Waldes erfolgt dabei bereits sehr effizient – der Verband nutzt dazu das natürliche topologische Gefälle und erzeugt dabei mit den eingebauten Turbinen sogar Strom.
Als Zweckverband steht die Wasserversorgung Bayerischer Wald im Dienst der ostbayerischen Bevölkerung und liefert Wasser in bester Qualität. Auch der Anspruch an Ökologie und Ökonomie ist sehr hoch. Mit der Einführung eines nach ISO 50.001 zertifizierten Energiemanagements verpflichtete sich waldwasser den Energieverbrauch sukzessive zu reduzieren. Neben den Einsparungen durch die energetische Optimierung reduzieren sich auch die Kosten für die Stromsteuer, da zertifizierte Betriebe diese bis zu 90 % rückerstattet bekommen (sogenannter Spitzenausgleich StromStG § 9b und 10). Die Zertifizierung ist zudem ein Qualitätsmerkmal für die eigene Marke waldwasser.
Seit 2022 wurde zudem der Fördertopf der Kommunalrichtline komplett neu gestaltet. Ein Pumpenretrofit, der Einbau einer modernen Messinfrastruktur oder die Einführung eines softwaregestützten Energiemanagement sind darüber (auch ohne 50.001 Zertifizierung) förderbar. Mehr erfahren.
Pumpen sind bei Wasserversorgern die wesentlichen Verbraucher. Sie kommen in Brunnen, für die Reinigung oder im Netz zum Einsatz. Der Energieverbrauch kann durch Modernisierung oder hydraulische Optimierung und dem Betrieb im Arbeitspunkt kann der Energieverbrauch sind in jeder Wasserversorgung die wesentlichen Verbraucher.
Für die Zertifizierung gilt es zunächst alle relevanten Verbrauchsdaten zu erfassen und zu bewerten. Bewerten, was heißt das eigentlich? 6.500 MWh Verbrauch allein sagen nicht viel aus – in einem außergewöhnlich warmen Jahr wird natürlich mehr Wasser verbraucht als in einem Jahr mit Durchschnittstemperaturen, gleichzeitig wird auch mehr Strom verbraucht. Beide Größen können also nicht für einen objektiven Vergleich herangezogen werden. Berechnet man allerdings die Energie pro verkaufte Wassermenge erhält man mit der Energieleistungskennzahl (EnPI) einen Wert, der eine energetische Analyse des Verbrauchs ermöglicht. Zeitbereiche wie Monate oder Jahre können so verglichen werden. Nur so kann beurteilt werden, ob das Managementsystem funktioniert und die Wasserversorgung effizienter wird.
EnPI Berichte können mit e-Gem indidviduell zusammengestellt und auf Knopfdruck abgerufen werden. Dritten können die aktuellen Berichte automatisch per Mail oder ftp push zugesendet werden.
Energie-Leistungskennzahlen dienen dem Vergleich. Intern und extern ist so ein Benchmarking und eine im Rahmen der ISO 50.001 geforderte energetische Bewertung möglich.Häufigste Form einer EnPI ist der spezifische Energieverbrauch – im Fall einer Wasserversorgung also z.B. Energieeinsatz pro verkaufte Wassermenge (kWh/m³TW).
Das Deutschland-Mittel für die Bereitstellung von 1.000 Litern Trinkwasser lag 2015 bei 0,51 kWh.
Weitere Beispiele:
Der Stromverbrauch von Pumpen pro gefördertem Volumen. Identische Aggregate können so auf deren Effizienz im Arbeitspunkt überprüft werden.
Eine automatisierte Auswertung von EnPIs ermöglicht bereits unterjährig eine Überprüfung der Kennzahlen. Ausreißer können im laufenden Monat erkannt und analysiert werden. Teure Netzentgelde lassen sich so reduzieren.
Neben den beschriebenen herkömmlichen Kennzahlen können in e-Gem auch komplexe statistische Modelle abgebildet werden. Über Regressionsanalysen ermittelte Zusammenhänge zwischen Verbrauchswerten und unterschiedlichen Einfluss-Parametern können über historisierte Rechenvorschriften abgebildet werden. So ist mit geringem Aufwand eine Bewertung der Verbesserung der energiebezogenen Leistung möglich, wie in der aktuellen Fassung der ISO 50.006 empfohlen.
Die Kombination von Energiemanagement und Leitsystem stellt hier einen entscheidenden Vorteil dar. Betriebsdaten aus dem Leitsystem können mit Verbrauchsdaten des Energiemanagements kombiniert werden.
Die Erfassung und Aufbereitung der Daten erfolgte zunächst manuell. Verbrauchsdaten wurden aus Zählern, Leitsystemen oder Versorgerrechnungen zusammengetragen und in Excel aufbereitet. Markus Hrda – zuständiger Energiemanager bei waldwasser – investierte jährlich mehrere Wochen allein in die Vorarbeit jeder Rezertifizierung. Neben dem zeitlichen Aufwand waren die manuellen Prozesse fehleranfällig und kompliziert, so dass es schwierig war hier mehrere Personen einzuarbeiten.
„Mit e-Gem können wir die ISO 50.001 sehr viel einfacher umsetzten“
Markus Hrda, Energiemanager waldwasser
„Personell war der Aufwand für einen Wasserversorger unserer Größe enorm“, so Hrda. „Schnell kamen wir zu dem Schluss, dass wir die ständig wiederkehrenden Prozesse in eine Software überführen müssen, damit wir die ISO 50.001 Zertifizierungen nachhaltig umsetzen können.“ Beim manuellen Energiemanagement gibt es zudem das Problem, dass Mehrverbräuche durch technische Defekte, Verschleiß oder andere ungünstige Betriebszustände im laufenden Betrieb zunächst gar nicht erkannt werden. Mit softwaregestütztem Energiemanagement ist es möglich weg von der nachträglichen Analyse der Vorjahresdaten, hin zu einer Online-Überwachung der aktuellen Prozesse umzustellen. Energetische Probleme können so proaktiv erkannt und beseitigt werden.
waldwasser setzte dabei auf die Energiemanagementlösung e-Gem der Firma FlowChief. Die herstelleroffene Plattform ist eine auf die Erfordernisse der Wasserwirtschaft abgestimmte Lösung.
Zunächst sollte das neue Wasserwerk in Moos auf das System aufgeschaltet werden. Eine gut strukturierte digitale Messtechnik war dort bereits vorhanden. Neben Verbräuchen wurden auch Einflussgrößen wie Temperaturen, Laufzeiten oder Füllstände erfasst. Es wurden mehr als 300 Verbrauchsstellen aufgeschaltet – Zähler ohne Busanbindung wie Gas- oder Heizölzähler werden bei der Handablesung via Tablet direkt im System eingetragen. „Intuitive Eingabemasken mit Plausibilitätskontrollen erleichtern die Eingabe, das reduziert die Fehleranfälligkeit erheblich“, so Tobias Knoll – Projektleiter Energiemanagement bei FlowChief.
Durch die Mehrdimensionalität können mit der Heatmap Auffälligkeiten in der Verbrauchscharakteristik auch über große Zeiträume gut erkannt werden.
In einem weiteren Schritt wurden die Außenbauwerke wie Hochbehälter und Pumpstationen mit angebunden. Wenn möglich wurden dazu die Versorgerdaten des Netzbetreibers per MSCONS-Import automatisiert eingelesen. Diese Daten werden vom Versorger unentgeltlich bereit gestellt, was eine Erfassung der Daten ohne Investition in zusätzliche Messtechnik ermöglicht.
Da es sich beim MSCONS-Import um die abgerechneten Mengen des Versorgers handelt, hat waldwasser zudem die Möglichkeit, die in Rechnung gestellten Verbrauchswerte mit intern emessenen Werten zu vergleichen und Unstimmigkeiten festzustellen.
Erfasste Daten werden in e-Gem in Medien wie Strom, Wasser oder Gas unterteilt. Zudem werden die verschiedenen Zähler hierarchisch geordnet. Es entstehen Energiefluss-Schemen, die sich von der gesamten Organisation zu den einzelnen Standort-Einspeisungen, über die Niederspannungsverteilung, hin zu Anlagen und Aggregaten immer weiter aufgliedern. Die Verteilung der Energieströme wird so transparent und energieintensive Bereiche können einfach identifiziert werden. Mit Sankey- und Bilanzdiagrammen lassen sich diese Ströme veranschaulichen.
Die Analyse kann sowohl auf fixe Zeitspannen in der Vergangenheit (z.B. letztes Jahr) als auch online als Echtzeit-Analysefunktion vorgenommen werden. So wird schnell sichtbar, welche Verbraucher zur momentanen Lastspitze beitragen.
Eine Energiefluss Analyse per Sankey Diagramm ist in Echtzeit – also dem aktuellen Strombezug – als auch auf Archivdaten, z.B. letzte Woche oder Monat möglich. Auch die Aufteilung der Kosten kann visualisiert werden. Die Darstellung kann zur Plausibilisierung des Messkonzepts und zur Identifizierung von Energieverlusten oder signifikanten Energieverbrauchern (SEU) genutzt werden.
Auch nicht erfasste Energiemengen lassen sich als Restmengen in der Baumstruktur abbilden und analysieren. Die Analyse kann für den in der ISO 50.001 geforderten Nachweis der Qualität und der Verbesserung des Messkonzepts verwendet werden.
Im Flusdiagramm ist eine medienübergreifende Bilanzierung des Energieflusses möglich. Auch das Wassernetz kann damit visualisiert werden und Verbrauchsmengen bilanziert werden.
Wie erhalten nun Energiemanager, technische Mitarbeiter, Buchhaltung oder auch die Betriebsleitung für den in der ISO 50.001 geforderte Management Review transparenten Zugriff auf die für sie notwendigen Daten? e-Gem ist eine native Web-Applikation – der Anwender kann auf jedem Endgerät mit beliebigen Browsern ganz ohne Installation auf die Applikation zugreifen. Jedem User können dabei individuelle Inhalte wie Dashboards, Berichte oder Analysetools bereitgestellt werden. Die Energiemanagement-Software verfügt über ein rollenbasiertes Rechtesystem, so dass jeder Anwender nur die für ihn nötigen Informationen bekommt. Die Benutzerverwaltung kann zudem an eine vorhandene Active-Directory angebunden werden, so dass sich Mitarbeiter mit ihrer Windows-Anmeldung und Single-Sign-On im Browser einloggen können.
Das Dashboard für das Wasserwerk Moos verschafft einen schnellen Überblick über die Verbrauchsdaten der vergangenen Tage.
So wurden bei waldwasser für die verschiedenen Anlagen intuitive Dashboards mit den wesentlichen Informationen angelegt: Technische Mitarbeiter können durch Wirkungsgrade und Kennzahlen sehr effektiv beurteilen, ob die Anlage derzeit effizient betrieben wird. Kaufleute erhalten durch die hinterlegten Tarife Informationen zu derzeitigen Kosten.
Für die Audits zur Rezertifizierung benötigt der Auditor verschiedenste Informationen. Viele Auswertungen wie EnPi- oder SEU-Berichte (Significant Energy Use) wurden als Vorlage direkt in e-Gem abgebildet. Auswertungen können jederzeit über mehrere Jahre abgerufen werden. „Den Auditor haben wir damit sehr beeindruckt“, berichtet Markus Hrda, „wir sparen uns damit sehr viel Zeit und können relevante Informationen auf Knopfdruck abrufen.“
Derzeit wird auch die Trinkwasseraufbereitung Max-Binder in Frauenau aufgeschaltet. „Mit der Unterstützung der Software werden wir weiter an unserem Energieerfassungs-Konzept und an der korrekten Erfassung arbeiten”, so Hrda, „die ISO 50.001 ist so für uns sehr viel einfacher umzusetzen“.