Drittmengenabgrenzung – Ein Anwenderbericht am Beispiel der Schott AG

SCHOTT ist einer der führenden Hersteller von Spezialglas. Ursprünglich als Glaslabor 1884 in Jena gegründet, entwickelte sich das Unternehmen zu einem Weltkonzern mit Produktions- und Vertriebseinheiten in 34 Ländern. Mit 16.500 Mitarbeitenden aus über 90 verschiedenen Nationen legt der Technologiekonzern großen Wert auf Vielfalt, Zusammenarbeit und Innovation. Als energieintensives Unternehmen nach §64 EEG profitiert die Schott AG teilweise von energiewirtschaftlichen Privilegien wie einer reduzierten EEG-Umlage sowie einer reduzierten Strom- und Energiesteuer. Privilegiert sind jedoch ausschließlich selbstverbrauchte Strommengen. Aus diesem Grund müssen Strommengen, die nicht selbst verbraucht werden, messtechnisch abgegrenzt werden. War in der Vergangenheit ein Schätzen der Strommengen noch zulässig, so müssen mit einem einjährigen Aufschub zum 01.01.2022 alle Drittmengen mess- und eichrechtskonform abgegrenzt werden.

Genauere Hinweise hierzu gibt es im Leitfaden der Bundesnetzagentur.

Können die relevanten Mengen ab dem 01.01.2022 nicht gesetzeskonform abgegrenzt werden, gefährdet dies die Privilegierung der gesamten Menge und das unter Umständen sogar rückwirkend.

Ein Großteil der relevanten Großverbraucher am Standort Mainz konnte auf Basis der Datengrundlage des bestehenden Energiedatenmanagementsystems e-Gem bereits entsprechend der Vorgaben abgegrenzt werden. Das Problem sind die bisher weniger relevanten Kleinverbraucher wie zum Beispiel:

  • Büros und Werkstätten von Dienstleistern
  • Kantinen
  • Getränke- und Snackautomaten
  • Baustellen externer Firmen

Um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden, wurde ein Messkonzept entwickelt, welches an den relevanten Punkten Messstellen vorsieht. Herausforderungen sind an dieser Stelle die verteilte Lage der Messstellen auf dem Werksgelände und die fehlende Netzwerk-Verbindung. Für diesen Anwendungsfall perfekt geeignet ist eine Lösung über ein eigenes LoRaWAN-Netz (Long Range Wide Area Network).

Vorgabe der Schott AG war, dass aus datenschutzrechtlichen Gründen keine cloudbasierte Lösung zum Einsatz kommen darf. Alle Daten müssen zwingend im konzerneigenen Netzwerk bleiben. Für derartige Anforderungen arbeitet FlowChief mit dem Ing. Büro H. Lertes zusammen. Der Hersteller von Multiprotokoll-Datenloggern unterstützt Kunden bei der Planung und Umsetzung solcher Lösungen. Mit FlowChief wurden in verschiedensten Projekten bereits weit über 1.000 Gateway-Kopplungen realisiert.

Eine Messung der Funkausleuchtung am Standort Mainz zeigte, dass über ein Gateway das komplette Werksgelände mit insgesamt 25 ha Gesamtfläche abgedeckt werden kann. Somit musste nur an einer zentralen Stelle eine Netzwerkverbindung geschaffen werden, was im Vergleich zu einer komplett verkabelten Lösung eine erheblich geringere Investition und deutlich geringeren Aufwand bedeutet. Vor allem aber konnte die Lösung nach kurzer Planung sofort und ohne Wartzeiten realisiert werden. Aktuell werden bereits 22 Messstellen erfasst, 15 weitere befinden sich momentan in der Umsetzung.

LoRa-Sensor, Antenne und Gateway
In Datenübertragungsrichtung: Der LoRa-Sensor (links) sendet die Daten über die Antenne (Mitte) zum Gateway (rechts), welches die Daten puffert. Die Datenübertragung vom Gateway zu e-Gem läuft über das interne Schott-Netz. Quelle: Schott AG

 

Die Daten der einzelnen Zähler werden auf dem Gateway gepuffert und zyklisch an das zentrale Energiedatenmanagementsystem e-Gem übertragen. In e-Gem erfasste Daten werden archiviert und können flexibel für Monitoring- und Reporting-Funktionen genutzt werden.

 


Drittmengenbilanzierung mit e-Gem Bordmitteln. Visualisierung und Reporting inkl. Schnittstelle zum Datentransfer in ERP-Systeme

 

Neben den Zählerständen werden auch weitere Informationen wie die Empfangsqualität und der Batterie-Status der einzelnen Sender erfasst. Dadurch ist neben der Energiedatenerfassung auch die Überwachung der Sensorik mit abgedeckt. Bei ausbleibender Kommunikation oder beim Erreichen eines niedrigen Batterieniveaus werden die Mitarbeiter informiert und können das Problem lösen.

Mit der umgesetzten Lösung erfüllt die Schott AG fristgerecht die Anforderungen hinsichtlich der Drittmengenabgrenzung. Dadurch sind auch zukünftig die Privilegierungen als energieintensives Unternehmen gesichert. Mit der in diesem Zuge geschaffenen Infrastruktur besteht nun die Möglichkeit Sensoren und Messtechnik an Stellen zu platzieren, die ohne das LoRaWAN-Netz nur mit erheblichem Aufwand zu erreichen wären. Aufgrund der problemlosen Implementierung hat sich die Schott AG entschieden an weiteren Standorten LoRaWAN-Netze aufzubauen und die Daten in das unternehmensweite und standortübergreifende Energiemanagementsystem e-Gem zu integrieren.